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Autor: Rolf Kurath Arbeitswelt Digitalisierung Führung Freitag, 02 September 2016

Der Weg in die neue Arbeitswelt

Der Organisationspsychologe und Berater Felix Frei entwickelt in „Hierarchie – Das Ende eines Erfolgsrezepts“ plausible Vorstellungen, wie man von der alten in die neue Arbeitswelt kommen kann. Ausgehend vom Standpunkt, dass die Zukunft konsequent auf Eigenverantwortung setzen muss, ergänzt er die Studie von Frederic Laloux durch Hinweise auf die notwendigen persönlichen Voraussetzungen und die „Geburtshelfer“. Das im Frühsommer 2016 erschiene Buch überzeugt auch durch treffende Bilder. So prognostiziert Frei, dass die technologischen Möglichkeiten und wirtschaftlichen Zwänge tektonische Verschiebungen auslösen werden, von denen wir derzeit erst ein mehr oder weniger leises Knirschen im Boden hören...

Hierarchie – Das Ende eines Erfolgsrezepts

Frei nutzt

„Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux

als Steinbruch, um zu illustrieren, weshalb Organisationen ohne formale Hierarchie erfolgreich sein können, und ergänzt diese bahnbrechende Studie aus dem Jahr 2014. So entwickelt er den Zwei-Ebenen-Ansatz der Organisierung. Die erste Ebene sind Aufgaben, Funktionen, Prozesse: Was ist zu tun? Mit welchem Zweck? In welcher Logik, Abfolge, Verknüpfung? Die andere Ebene umfasst Personen: Wer bringt welches Portfolio an Wissen, Kompetenzen und Bereitschaften mit? Das Bindeglied zwischen den beiden Ebenen sind Rollen, die nach vereinbarten Spielregeln wahrgenommen werden. Führung wird somit zur temporären Rolle, welche von den meisten Menschen in unterschiedlichen Kontexten wahrgenommen wird. Nach aussen wird das Unternehmen aus rechtlichen Gründen nach wie vor durch die Geschäftsführung vertreten. Diese verantwortet die gesetzlichen Aufgaben der Organisation. Ihr Hauptauftrag ist es sicherzustellen, dass der Zwei-Ebenen-Ansatz lebt und nicht unterlaufen wird. Die Entscheidungen über Budgets, Investitionen und Anstellungen sind Sache der operativ tätigen Teams.

Sehr wertvoll sind die Vorschläge, wie man sich unter zunehmend fluiden Verhältnissen dezentral organisiert. Zum Thema Entscheidungsfindung habe ich bei ABSOLUTUM ein spannendes Tool gefunden – ein Kartenspiel zum Treffen von nachhaltigen Entscheidungen auf Augenhöhe:

Konsenskultur Kartenset von ABSOLUTUM

Im Abschnitt Säkularisierung der heiligen Ordnung (der Hierarchie), werden die Ingredienzen herausgearbeitet, die es für den Transfer braucht. Dazu gehört ein subjektiv als überzeugend erlebter Sinn der Organisation als Treibstoff für die Bereitschaft zur Übernahme von Eigenverantwortung und als Klebstoff für das soziale Gefüge. Frei verweist mehrfach auf das Laloux-Beispiel Buurtzorg, zu dem es ein aktuelles Working Paper von DENKNETZ gibt:

Buurtzorg: „Nurses don’t need management.“

Voraussetzungen und Geburtshelfer

Für mich völlig neu sind die Ausführungen von Felix Frei über die persönlichen Voraussetzungen, die es braucht, um eigenverantwortlich zu handeln. Mit Bezug auf andere Autoren beschreibt er das entwicklungspsychologische Konzept der Ich-Entwicklung, das sich auf empirischen Befunde abstützt. Es werden neun Stufen unterschieden. Auch dies ist eine für die Transformation nützliche Ergänzung von Laloux, der bekanntlich davon ausgeht, dass die Überwindung hierarchischer Organisationen nur mit höheren Stufen der Ich-Entwicklung möglich ist.

Gedankliche Geburtshelfer für den Weg in die neue Arbeitswelt sieht Frei in den sieben Mustern, welche Innovationen zum Durchbruch verhelfen:

  • Next: Die Innovation muss in der Luft liegen.
  • Flow: Wenn’s läuft, dann läuft’s.
  • Grow: Die langsame Ahnung, welche Zeit für Reflexion, Diskurs und Review braucht.
  • Walk: Es braucht Räume, in denen Gedanken fliessen können.
  • Fail: Ein fruchtbarer Umgang mit Fehlern.
  • Copy: Erfahrungen anderer anwenden und weiterentwickeln.
  • Meet: Kommunikative Plattformen, auf denen Ideen ausgetauscht werden.

Dazu ein Beispiel aus der aktuellen Praxis eines führenden Unternehmens:

Die Frischzellenkur von PostFinance

Fazit: Auch dieser Frei ist in langer Praxis und Reflexion gut geerdet und bringt wertvolle Inspirationen für alle Pfadfinder auf dem Weg in die neue Arbeitswelt.

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