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Autor: Rolf Kurath Arbeitswelt Führung Organisationsentwicklung Donnerstag, 17 September 2015

„Im Fluss“ – Kritik des realen Change Management

Bücher von Kollegen zu lesen lohnt sich. Ich hätte viel persönliche Zeit und Energie einsparen können, wenn ich die Publikationen von Dr. phil. Felix Frei früher beachtet hätte. Felix, Gründungspartner von AOC, verarbeitet seine Erkenntnisse aus vielen Beraterjahren regelmässig in Publikationen. Sein jüngstes, 2015 in der 2. Auflage erschienenes Buch „Im Fluss – Unbehagen am Change Management“ beleuchtet in 11 Facetten sehr anschaulich, welches die Herausforderungen der Beschleunigungskräfte unserer Zeit für das betriebliche Change Management sind.

Felix Frei

„Im Fluss – Unbehagen am Change Management“

Der Autor spricht Klartext. Schon im ersten Abschnitt diagnostiziert er den Grundlagenirrtum moderner Unternehmensführung: Die zunehmend fluid werdenden Organisationen bauen auf nicht mehr passenden Instrumenten auf. Als Beispiele nennt Frei jährliche Budgetprozesse, Accountability, hierarchisch kaskadierte Ziel- und Bonusvereinbarungen, ein starres Projektmanagement sowie das Festhalten am Fetisch des Wachstums. Mit diesen Erfolgsrezepten von gestern könnten die Herausforderungen von heute und morgen nicht bewältigt werden.

Effectuation

Als Alternative schlägt Frei das Konzept der „Effectuation“ vor. Dessen Leitmotiv: „Gestalten statt Vorhersagen“. Daraus leiten sich vier Prinzipien ab:

  • Zukunftsorientierung,
  • Mittelorientierung (d.h. mit dem arbeiten, was man hat, was man ist, was man weiss und wen man kennt),
  • die Orientierung am leistbaren Verlust (statt am erwarteten Ertrag) sowie
  • das Eingehen auf und Nutzen von Umständen und Zufällen.

Neben diesen Instrumenten für den Umgang mit den sich beschleunigen Veränderungen fordert Frei von den Führungskräften Achtsamkeit gegenüber der Bewegung und Entwicklung von Organisationen und Menschen.

Cui bono?

Felix Frei zeigt sich als tiefgründiger und gut informierter Erklärer der heutigen Arbeitswelt. Er bestätigt und schärft meine eigenen Erkenntnisse. Zum Beispiel die Frage nach dem für alle nachvollziehbaren Wozu. Zu fragen, wem die Sache nützt, hilft herauszufinden, ob eine Veränderung unternehmerisch motiviert ist oder aus nebulösen Gründen erfolgen soll. Dies ermöglicht es, Gewinner und Verlierer offen zu benennen und mit Letzteren einen anständigen Umgang zu finden. Denn der explizite Umgang mit der Frage der Verlierer ist ein Qualitätsmerkmal für ein gelingendes Change Management.

Standbein Resilienz

Schön ist das Bild vom Standbein Resilienz (von Individuen und Organisationen), ohne welches das Spielbein Change nicht auskommt. Führungskräfte wirken resilienzstärkend, wenn sie kommunikative Hubs darstellen und fähig zur Sinnstiftung und Führung auf Augenhöhe sind.

Resilienz

Interessant ist die Freische Priorisierung einer Teambildungsmassnahme für Manager. Wenn er sich auf eine einzige beschränken müsste, wäre dies eine Übungsanlage zum Erlernen der Kunst des fröhlichen Streitens: Hinterfragen, kritisches Durchleuchten, Erkenntnisse zusammentragen und dann gemeinsam ein Bier trinken. Diese Kultur fehle in vielen Führungsteams.

„Im Fluss“ ist zweckmässig aufgebaut und liest sich mit Genuss. Schon vor dem Epilog wird klar, dass Felix Frei damit eine treffende arbeitspsychologische Begründung für den Paradigmenwechsel von der Hierarchie-Pyramide zu neuen Formen der Unternehmensführung liefert, wie ihn Ulf Brandes und andere beschrieben haben.

Management Y

Frédéric Laloux „Reinventing Organizations"

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