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Autor: Rolf Kurath Digitalisierung Führung Verwaltungsrat Dienstag, 10 Februar 2015

Wem gehört die Zukunft?

Die informationsbezogene Risikobewältigung ist ein Thema, das die Unternehmensführung häufig unterschätzt. In diesem Zusammenhang lohnt sich die Auseinandersetzung mit dem Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels von 2014, Jaron Lanier. In „Wem gehört die Zukunft?" beschreibt er anschaulich, wie die digitale Technologie die Wirtschaft zunehmend beherrscht.

Lanier, der dreadlockige IT-Pionier und Musiker aus dem Silicon Valley, zeigt mit vielen Beispielen auf, welchen Einfluss Big Data und Rechnerleistung schon heute auf unser Leben haben. Sein Buch ist ein Appell, wachsam gegenüber Unfreiheit, Missbrauch und Überwachung zu sein:

ZDF-Interview 10.10.2014

Der Einfluss der Digitalisierung auf die freie Lebensgestaltung zeigt sich zum Beispiel im Gesundheitswesen. So hat sich das Geschäft der Krankenversicherer grundlegend verändert: Während im letzten Jahrhundert die Steigerung des Prämienvolumens im Vordergrund stand, ist es jetzt die Steuerung der Risiken durch immer bessere Daten. Zudem zeichnet sich ab, dass die Allgemeinärzte mit der Umwandlung der Krankenversicherung in digitale Netzwerke
immer mehr an den Rand gedrängt werden. Sie verlieren zunehmend die Kontrolle über die Server ihrer Netzwerke. Eine andere Auswirkung der digitalen Leistungsfähigkeit sind das enorme Wachstum des Finanzsektors und der Hochfrequenzhandel, der heute gegen 50% des Börsengeschehens ausmacht.

Lanier ist der Meinung, dass die digitale Technologie in absehbarer Zeit die Wirtschaft dominieren wird. Ein Beispiel dafür liefert der kurze Film von Swisscom:

Internet der Dinge

Risiko Beschäftigung

Sehr anschaulich prognostiziert Lanier die möglichen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigung. Die Robotertechnik zur Produktion von Unterhaltungselektronik und Mobile Devices, oder der 3D-Drucker beim Konsumenten (z.B. für massgefertigte Kleidung), welcher via Rohrleitung oder Drohnen mit Ausgangsmasse versorgt wird, vernichten Arbeitsplätze in der Industrie und in der Logistik. Gleiches droht dem Transportgewerbe, den Taxifahrenden, durch die „Entmachtung" der Autofahrer durch Autopiloten. Auch in sensiblen Bereichen wie der Gesundheitsversorgung wird der Mensch durch Maschinen ersetzt werden: Roboter in der Krankenpflege soll es ab 2020 in Japan geben, Roboter-assistierte Chirurgie gibt es schon heute am Luzerner Kantonsspital. Es sei nicht auszuschliessen, dass der technologischer Wandel zu Massenerwerbslosigkeit führt, welche Staaten wie China destabilisieren könnten.

Herausforderungen

Die Lektüre hat mir einmal mehr aufgezeigt, dass die „Information Governance", d.h. die Verbesserung der informationsbezogenen Risikobewältigung, für auch für KMU ein wichtiges Thema ist. Folgende Herausforderungen gilt es zu bewältigen:

  • Die Abhängigkeit von Server-Betreibern, Cloud Services und digitalen Netzwerken;
  • noch unbekannte Datenschutz-Risiken, Online-Sicherheit, Schutz der Privatsphäre und Identität im Internet;
  • fast jedes Geschäft ist ein digitales Geschäft: Was in der Musikindustrie geschehen ist, kann jede Industrie betreffen (z.B. Ersatzteilgeschäft ist bedroht durch 3D-Druck).

Die Unternehmensführung ist in allen Dimensionen gefordert: Strategieentwicklung, Personalauswahl und Teamentwicklung, Vernetzung mit Peers, griffige Kennzahlen, Regelungswerk, Risiko-Management sowie interne und externe Revision. „Information Governance" sollte deshalb periodisch zum Prüfgegenstand der Kontrollstelle werden.

Optimistische Gegenthese

Eine indirekte Gegenposition zu Jaron Lanier vertritt Jacques Attali, François Mitterands einstiger Drahtzieher und ex Chef von François Holland. In der „Sternstunde Philosophie" vom 1.2.2015 vertritt Attali einen unerschütterlichen Technologieoptimismus. Faktenreich und in jeder Sequenz spannend sieht er die technologische Entwicklung als Chance für die persönliche Freiheit, welche für ihn der absolut freie Gebrauch der Zeit ist.

Jacques Attali

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