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Autor: Rolf Kurath Grundlagen Donnerstag, 30 November 2017

Wie man besser schreibt

Die Berichte meiner Regionalzeitung über ein Dossier, das ich sehr gut kenne, haben mich in den letzten Monaten häufig aufgeregt. Sachlich falsche Zuspitzungen, das Weglassen von Sachverhalts-Elementen oder die nicht angemessene Gewichtung von Einzelpersonen – für mich unverständlich, wie mein seit Jahrzehnten geschätztes Monopolmedium für Kommunales abdriftete.

Glücklicherweise habe ich kürzlich von der Republik das How-to-do-it-Buch für den Journalismus im 21. Jahrhundert erhalten.

„Deadline“ von Constantin Seibt

Der Journalist Constantin Seibt, mehrfacher CH Journalist, Reporter und Kolumnist des Jahres, hat seine Erfahrungen gut zugänglich aufgearbeitet. Kurze Texte sind thematisch gegliedert in Abschnitte wie „Die Leser“, „Der Rohstoff“, „Story Ideen“ oder „Theorie und Praxis der Kolumne“. Dies entlang der Frage, wie Journalismus in der heutigen Zeit zu machen wäre. Seine Erkenntnisse will Seibt bekanntlich zusammen mit einer breit aufgestellten Crew und aktuell 15‘000 Verlegerinnen und Verlegern ab Januar 2018 mit der

Republik

umsetzen - ich bin gespannt.

Gleich zu Beginn des Buchs habe ich durch die fünfzehn Thesen zum Journalismus des 21. Jahrhunderts gelernt, dass nicht mehr seriöse Fakten das wichtigste Qualitätsmerkmal des Printjournalismus seien. „Das eigentliche Produkt ist die verlässliche Erregung von Aufmerksamkeit.“ Fakten seien nur die Zutaten zum Backen der Geschichte. Ihre Richtigkeit sei insofern wichtig, wie die Reinheit und Vollständigkeit der Zutaten beim Backen wichtig ist. Zudem müsse die Lokalberichterstattung umgekrempelt werden: Anstatt über Lokalpolitik soll über die Banker-, Theater-, Fussballer-, Beizen- und Politikszene berichtet  werden.

Verlässliche Erregung von Aufmerksamkeit und Szenenberichterstattung – offenbar haben die von mir kritisierten Journalistinnen ihren Seibt gelesen. Ob sie mich als Abonnent bei der Stange halten können, ist eine andere Frage. Besonders auch weil die Zutaten nicht immer rein und vollständig waren.

Fakten zu Geschichten verdichten

Eine Bestätigung meiner Erfahrungen liefern die Empfehlungen zur Aufbereitung des Rohstoffs. Berichte kommen an, wenn sie zur Geschichte verdichtet werden – ganz im Sinne des grossen Geschichtenerzählers und Marketingexperten Werner Fuchs:

Mit Geschichten Menschen gewinnen und überzeugen

Dazu passt auch die Zuspitzung von Seibt: Die Ware im Journalismus ist eigentlich komprimierte Zeit. Wenn es mich nicht packt schweife ich ab, ohne Rücksicht darauf, dass ich in einer Minute Lesen eines guten Berichts eine Stunde Denkarbeit des Schreibenden gewinnen kann.

Wunderbar zusammengefasst werden die Erkenntnisse in einem Text über die Erwartungen des Publikums. Constantin Seibt sieht primär zwei Pflichten gegenüber dem Leser: Die Pflicht zur Klarheit der Vorgeschichte, der Fakten und Gedanken. Zudem die Pflicht der Überraschungen. Ein Text, in dem nichts passiert, sei sein Eintrittsticket nicht wert. Und genau das ist die grosse Herausforderung.

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