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Autor: Rolf Kurath Arbeitswelt Beweglichkeit Digitalisierung Mittwoch, 27 April 2016

Digitalisierung braucht Kompetenzaufbau

In den letzten zwei Jahren beschäftige ich mich häufig mit der Übersetzung von Technologieentwicklung für die Arbeitswelt. Bei der Beschaffung von Wissen und Inspirationen für diesen faszinierenden Aufgabenbereich bin ich kürzlich auf Alec Ross gestossen. Seine breite, flott geschriebene Recherche „The Industries of the Future“ bietet eine durch persönliche Erfahrungen angereicherte Analyse der aktuell wichtigsten Innovationskräfte. Zu den grossen Herausforderungen gehöre die Notwendigkeit, sich ab der Volksschule lebenslang vertieft mit Informatik zu beschäftigen und auch technische Sprachen zu erlernen. Und diesbezüglich mehr Verantwortung für unsere Kinder zu übernehmen.

Alec Ross, ein 44jähriger Familienvater, ehemaliger Technologieberater von Aussenministerin Hillary Clinton, ist heute in mehreren Verwaltungsräten tätig (u.a. Kudelski Group). Er versteht es, sein durch weltweite persönliche Kontakte erworbenes Insiderwissen in einen grösseren Zusammenhang zu stellen und absehbare Entwicklungen zu prognostizieren. Durch den stetigen Bezug zu seinen persönlichen Erfahrungen und seinem Interesse am Wesen von Menschen und Dingen wirkt er stets glaubwürdig.

Alec Ross

Fakten und Hintergründe

Ross geht über die Beschreibung von Fakten und deren Kommentierung hinaus. So wusste ich zum Beispiel nicht, dass die weltweit höchste Verbreitung der humanoiden Robotik in Japan neben der demografischen auch eine kulturelle Ursache hat: Für den Shintoismus können auch Dinge eine Seele haben. Deshalb wird der Roboter in Asien eher als potenzieller Kollege denn als Maschine wahrgenommen.

Honda’s Asimo

Neben der Robotik beleuchtet er die Potenziale von weiteren Technologiesträngen. Ross geht auf die Entwicklung von individualisierten Medikamenten ein, welche auf die persönliche Genetik und die Charakteristika der Krankheit massgeschneidert werden. In der Kommerzialisierung der menschlichen Genome sieht er grosse Chancen und Risiken – und zweifelt daran, dass die Gesellschaft die ethischen Risiken meistern kann.

Daten sind das Rohmaterial des Informations-Zeitalters

Sehr spannend auch der Abschnitt über Big Data Analytics und Cyber Security. Hier geht es u.a. um die Entwicklung der Zahlungsmittel und deren Bedeutung für die Volkswirtschaft. Ross beschreibt die Relevanz von sicheren Zahlungssystemen und Konnektivität an plastischen Beispielen und lässt seine Auskunftspersonen treffend zuspitzen. So meinte ein palästinensischer Ingenieur-Student im November 2012: „Um besser zu leben brauchen wir eine bessere Wirtschaft. Und um eine bessere Wirtschaft zu haben brauchen wir mindestens 3G.“

Ähnliche Berichte gibt es auch über Sicherheitsindustrie (welche lebenslang sichere Jobs anbieten werde ...) und die Agrarwirtschaft. Jetzt verstehe ich, weshalb auch Bio-Landwirte lernen müssen, mit dem Computer zu arbeiten und ihn so zu programmieren, dass er den Maschinen im Feld die richtigen Befehle gibt. Und weshalb auch die Volksschule meiner ländlichen Wohngemeinde Hirzel schon früh ICT-Wissen vermitteln muss.

Bioland Schweiz 2035, WOZ vom 21.4.2016

Interessant auch die Einschätzung der Blockchain-Technologie. Hier sei nicht primär das Zahlungssystem Bitcoin ein Asset, sondern die Verschlüsselungstechnologie, welche vertrauliche Beziehungen sicherstelle und deshalb eine ähnliche Bedeutung für die Beziehungen zwischen Subjekten und Institutionen haben könne wie HTML für das World Wide Web.

Ross an den X.Days vom März 2016 in Interlaken

Für Alec Ross wird es übrigens kein zweites Silicon Valley geben. Staaten sollten auf ihre Kernkompetenzen fokussieren und diese weiterentwickeln. Dies meinen auch das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und der Bundesrat:

Fraunhofer April 2016

Bundesrats-Strategie "Digitale Schweiz" April 2016

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