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Autor: Rolf Kurath Arbeitswelt Digitalisierung Organisationsentwicklung Donnerstag, 08 Dezember 2016

Frisches Wissen zu Digitalisierung und Organisationsentwicklung

Zu meinen Kernthemen gehören die Technologiefolge-Abschätzung und Organisationsentwicklung für (KMU)-Dienstleistungsunternehmen, konkreter die strategische Führung, die Organisierung von beweglichen Projektteams und Netzwerken sowie der Umgang mit den steigenden Erwartungen der Anspruchsgruppen. Im Kontext Digitalisierung und Plattform-Ökonomie interessieren mich zudem Lösungsansätze, wie wir die ganze Gesellschaft mitnehmen können und nicht nur die hochqualifizierte Elite. Weil ich nach meinen Inspirationsquellen gefragt wurde nachstehend das Material, das mir in den letzten Wochen am meisten gebracht hat.

Problemzonen der Digitalisierung

Manuel Bachmann und Olivier Gut, die Partner von

ABSOLUTUM (und Herausgeber von „Rubicon“)

stellen seit zwei Jahren Informationen, Methoden und Instrumente zum Management ethischer Risiken und Chancen für Unternehmen bereit – und sie formulieren immer wieder die für das Weiterkommen nötigen Antithesen. In ihrem Monatsmagazin „Rubicon“ vom November 2016 beleuchten sie die Frage, was uns die neuen technischen Möglichkeiten wirklich bringen und was sie uns schaden können. Zudem empfehlen sie eine gesunde Distanz zu Trends wie Hypervernetzung, Agilität und Abschaffung der Hierarchie. Die Essenz dieser gehaltvollen Auslegeordnung findet sich im Blogbeitrag vom 8.11.2016:

Positive Zukunft: Weshalb der digitale Fatalismus falsch ist

Neben den hier genannten Problemzonen Big Data, Virtualität und Hacking sind für mich weitere gesellschaftliche Herausforderungen im Radar, nämlich Bereiche wie Beschäftigung, Bildung, Arbeitsrecht und Sozialpolitik.

Alle Menschen sollen von der Digitalisierung profitieren können - Dossiers von Syndicom

Syndicom – Gewerkschaft Medien und Kommunikation – stellt stets hervorragende Analysen und sorgfältige Schlussfolgerungen zur Verfügung. Damit will die Gewerkschaft nicht – wie ihr immer unterstellt wird - die Technologieentwicklung verteufeln, sondern den Arbeitnehmer- und Konsumentenschutz an die neuen Herausforderungen anpassen. So stellt sie sich ergebnisoffen dem Thema Selbstorganisation auf Teamebene: Schnelle und erfolgreiche Unternehmen müssten ihren Mitarbeitenden mehr Mitwirkungsrechte einräumen. Als Ergebnis der bisherigen Diskussionen und Grundlage für die nächsten Schritte hat Syndicom 13 Thesen zur Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft erarbeitet. Die publizierten Dossiers und Tagungsergebnisse sind stets sehr nützlich:

Syndicom-Dossiers zur Digitalisierung der Arbeitswelt

Digitalisierungstagung vom 9.9.2016

Arbeiten 4.0 in Deutschland

Leider sind wir in der Schweiz noch nicht so weit wie in Deutschland, wo seit Frühling 2015 ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales moderierter Dialogprozess zu den Folgen der digitalen Transformation für die Arbeitswelt im Gang ist. Dabei geht es insbesondere darum, Sicherheit und Flexibilität in eine Balance zu bringen. Massgeblich am Prozess beteiligt sind die Sozialpartner, also Arbeitgeber und Gewerkschaften. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse und der Diskussionsentwurf des Weissbuchs Arbeiten 4.0 wurden an der Abschlusskonferenz vom 29.11.2016 diskutiert:

Arbeiten 4.0

Im Rahmen dieses Dialogprozesses werden immer wieder Schätze zugänglich gemacht. So zum Beispiel das Interview mit dem Soziologen und Historiker Richard Sennett (Autor von „Handwerk“ und „Zusammenarbeit“):

Sennett auf S. 150 ff von Werkheft 2: „Wir müssen den sozialen Aspekt der Arbeit neu denken.“

Gemäss Sennett ist in Westeuropa der wichtigste Trend hinsichtlich der Zukunft der Arbeit, dass die Mitte des Arbeitsmarktes immer kleiner wird. Betroffen seien primär Dienstleistungen, die weder von Hochqualifizierten noch von körperlich arbeitenden Geringqualifizierten erbracht werden, also primär die Büroarbeit. Als Massnahmen schlägt er Jobsharing und ein bedingungsloses Grundeinkommen vor. Bezüglich Plattform-Ökonomie ist Sennett sehr deutlich: Diese müsse reguliert werden. Er persönlich würde beispielsweise Uber vom Markt nehmen, verbieten und in den Bankrott treiben. Uber steht für Sennett sinnbildlich für einen falschen Weg, der Plattformen zu einer neuen neoliberalen Spielwiese werden lässt. Die Politik dürfe da nicht zuschauen, denn der Druck auf die Mitte der Gesellschaft führe oft dazu, dass sich die betroffenen Menschen populistischen oder rechtsextremen Strömungen zuwenden ...

Lernweg zur hierarchiefreien Organisation

Angestossen von Kollegen, welche im NZZ Folio 12/2016 vom Plan der Brüder Freitag erfahren haben,

Die Sache mit dem Chef

mache ich hier meine aktuelle Lektüre zum Thema Holacracy (Holakratie) zugänglich.

Holacracy von Brian J. Robertson (2016)

Robertson, US-Unternehmer und Erfinder der Holakratie, beschreibt hier ausführlich die Praxis der Entscheidungsfindung durch Partizipation aller Beteiligten. Sein Konzept macht er durch Bilder und Analogien gut verständlich: Angestrebt wird ein Zusammenspiel analog guten Fussball-Mannschaften, welche neben der individuellen Stärke und Fitness eine klare Rollenverteilung und ein Spielsystem brauchen. Voraussetzung für ein gutes Spiel sind zudem Regeln sowie ein Schiedsrichter, der dem Spiel und nicht den Spielern dient (vgl. die aktuelle Herausforderung des italienischen Staatspräsidenten). Wer das für mich zu starre Betriebssystem des Organisierens nach Robertson verstehen will, sollte das Buch lesen. Es ist locker geschrieben und enthält saubere Definitionen und gut verständliche Praxisbeispiele. Zudem gibt Robertson auch eine Empfehlung für Organisationen, welche die Holakratie nicht vollständig einführen wollen: Sprache ändern (Begriffe wie Probleme und Anträge vermeiden), Rollen sauber beschreiben, Zeit und Aufmerksamkeit für die Verbesserung der Zusammenarbeit aufwenden, bessere Meetings durchführen (z.B. mit Check-in-Runde und Schlussrunde). Ähnliche Elemente verwendet zum Beispiel das preisgekrönte Swisscom Recruiting Team, um seine Kunden bedarfsgerecht zu bedienen:

Swisscom Recruiting Team

Sehr zu empfehlen ist erneut der Unternehmensberater Dr. Felix Frei, der kürzlich im KMU-Magazin 12/1 auf drei Seiten eine Vorgehensweise in elf Schritten publiziert hat:

Felix Frei: Schritte zur Gestaltung hierarchiefreier Organisationen

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